Tobias Rehberger
Something else is possible
Sep 24—Nov 5 2016
Tobias Rehberger gibt ein Heimspiel in Frankfurt – in der Galerie Bärbel Grässlin, in der einst alles begann. Was er zeigt, sind grelle Neonreklamen, eine Wandmalerei und eine Vielzahl von Aquarellen – Statements, die allerlei ins Wackeln bringen.
Im Hauptraum flackern elf Neonleuchtreklamen. Die Werber, bekannt aus dem kuriosen Einzelhandel, dem zwielichtigen Gewerbe, dem Showbusiness aber auch aus der Kunst von Bruce Nauman geben widersprüchliche Informationen. Ein Elefant changiert zwischen „I’m doing it just because of the coal“ und „I’m just doing it because of the booze“, ein Bett zwischen „Buy a Bed“ und „Get free One Night Stand“. Aus „Never“ wird „Ever“ aus „Start“ wird „Stop“ oder andersrum. Das Flackern, das so auch zufällig im Außenraum oder in schlecht gewarteten Ausstellungen gefunden werden kann, betreibt im Galerieraum Werbung für die eigene Sache.
Das Graffiti ist präzise aus dem verwitterten ‚da Draußen’ in den Galerieraum übertragen. Jede Schicht eines solchen Wandbildes verweist auf einen anderen Urheber, ist dessen Botschaft oder die Reaktion auf das zuvor Gesprayte. Über die Werbung für An(g)us Steak ist „GUS“ gesprüht, der Name eines Charakters aus der amerikanischen Serie Breaking Bad. Er baute sich ein Hühnchenimperium auf und nutzte seine etablierten Transportwege, um Cristal Meth an den Mann und die Frau zu bringen. Es ist aber auch die Abkürzung der „Gemeinschaft Unabhängiger Staaten“, ehemaliger Teilrepubliken der Sowjetunion, die nach dem Niedergang der Sowjetunion einen gemeinsamen Wirtschafts- und Sicherheitsraum gründeten. Darüber steht in dünner Schrift „Deine Mutter arbeitet bei Nordsee als Geruch“. Es wird also zu einigen Abschweifungen eingeladen. Die Arbeiten treffen sich jedoch auf ihrer Humorfrequenz. Die Aquarelle aus unterschiedlichen Zeiten wirken daneben in ihrer Petersburger Hängung als Mini Retrospektive. Sie zeigen eine Art ‚was bisher geschah’ zu dem Spektakel, das sich auf dem Parkett abspielt.
Tobias Rehberger gewann auf der Biennale 2009 für die Gestaltung seines Cafés Was du liebst, bringt dich auch zum Weinen den goldenen Löwen. Mit seinen Rauminstallationen bringt er immer wieder den Betrachterstandpunkt zum Wackeln und seine „disabled sculptures“ erheben den scheinbaren Makel zur Funktion. Das Spiel zwischen angewandter und autonomer Kunst ist sein Heimatrasen und „SOMETHING ELSE IS POSSIBLE“ der Wegweiser durch die aktuelle Ausstellung.
Marina Rüdiger