Galerie Bärbel Grässlin

Meuser

Nov 8Dec 21 2019

Gern sieht man in Meusers Arbeiten eine Nähe zum Konstruktivismus, zu seinen Düsseldorfer Professoren Erwin Heerich und Joseph Beuys aber auch zu den amerikanischen Minimalisten mit ihrem Hang zum Industriellen. All dies ist zunächst nicht falsch, doch lebendig werden Meusers Arbeiten erst, wenn man die Differenz zu eben jenen Positionen betrachtet. So verteilt er Seitenhiebe in Richtung Konstruktivismus, indem er die Skulpturen, die durch ihre Geometrie und klaren Linien bestechen könnten, aus ebendiesen herausstaucht oder sie durch Anschweißungen bricht. Einer auratischen Aufladung der Skulptur wird so schon formal entgegengewirkt. Die Formen Erwin Heerichs schwerer geometrischer Skulpturen orientierten sich an alltäglichen Dingen, die bis zur Unkenntlichkeit abstrahiert wurden. Eine Mimesis, die Meusers Arbeiten zwar nicht fern ist, ihren Raum jedoch nicht im Skulpturalen, sondern im Titulieren hat. Denn Meusers Arbeiten spielen mit einer pointierten Wesensevidenz, die sie erst bekommen, wenn sie fertig sind. Die Art, wie Meuser das Material in den Mittelpunkt seines Handelns stellt, erinnert nicht nur an Joseph Beuys‘ aufgeladenes Spiel mit Filz, Honig und Fett, sondern auch an Minimalisten wie Richard Serra, der sich in den 60er Jahren seine Handlungen von seinem Material diktieren ließ, um eine künstlerische Handschrift unsichtbar zu machen. Dass Meusers Material aufgeladen ist, steht außer Frage, denn schließlich handelt es sich hierbei um Schrott aus der Industrie ­– Dinge, die einst einen pragmatischen Nutzen hatten. Dieser einstige Nutzen verschwindet jedoch nicht nur hinter der mechanischen Bearbeitung des Materials, sondern auch hinter der malerischen Behandlung der Oberfläche. Sie geben den Skulpturen eine Anmutung von Weichheit und Leichtigkeit, die ihren Ursprung nicht vergessen lässt, jedoch gekonnt kommentiert. 

Meusers neue Arbeiten zeigen sich vielfältig. So stehen große schwere Skulpturen wie die Dickmadame in starkem Kontrast zu solchen, die nur durch wenige markante Linien bestechen oder wie filigran gefaltete Tücher daherkommen. Sie verwehren sich einer gefälligen Aura und bestechen vielmehr durch ihren groben Charme. 

Marina Rüdiger