Galerie Bärbel Grässlin

Markus Oehlen

May 1Jun 13 2020

Zusammen mit der der Präsentation von Markus Oehlens neuem Katalog des Kerber Verlags eröffnet in der Galerie Bärbel Grässlin mit Coronabedingter Verspätung die Ausstellung mit Markus Oehlens neuesten Arbeiten. 

Während der Katalog Markus Oehlens malerischen Werdegang der letzten zwei Dekaden nachzeichnet zeigt die Ausstellung dessen Höhepunkt  – seine aktuellsten Werke. Springt man durch die Zeit so wird klar, dass in Markus Oehlens Malerei, so sehr sie auch von ihren Motiven geprägt zu sein scheint, das Konstruktive und Konzeptionelle stets im Vordergrund stand. Die reine Malerei lehnte er immer ab und konzentrierte sich, mit dem Material als Ausgangspunkt, auf eine Malerei, die nicht nur sich selbst thematisiert, sondern auch ihre Verortung im jeweiligen Hier und Jetzt. So ging es in seinem Oeuvre nicht nur stets darum einen Gegenpol zu einem Mainstream zu bebildern, sondern auch um eine Erweiterung der Möglichkeiten der Malerei selbst. In seinen frühen Arbeiten verwendete er Wachs, batikte seine Leinwände, nutzte billige Dispersionsfarbe oder bügelte Kopierpapier schablonenhaft auf den Untergrund. Vieles davon ist erhalten geblieben, die wie gestempelt anmutende Wiederholung einzelner Linienballungen, oder die wie visuelle Interferenzen anmutenden flirrenden Liniennetzstrukturen, die teilweise über dem gesamten Bildraum liegen und nicht zuletzt die Idee des Samplings an sich, die Markus Oehlens Nähe zur Musik zeigt. Immer wieder kamen neue, zeitgenössische Techniken hinzu. So ist ein wichtiges Element der neuesten Bilder die Verwendung verfremdeter Fotografien, die mit pixelhaft anmutenden Kästchenfeldern und Bereichen die nahezu fauvistisch anmuten kombiniert werden. 

Während die kleinformatigen Arbeiten in den beiden Kuben des Galerieraums unmögliche Portraits zeigen, die an die Gemüsegesichter Giuseppe Acrimboldos oder Otto Dix Portrait von Sylvia von Harden erinnern können entspinnen sich auf den großformatigen Arbeiten spannende Narrative. So stehen im Mittelpunkt der Arbeit visually arrested eine Kassette und Milchflasche nebeneinander wie Relikte aus einer anderen Zeit. Auf der Kassette ist wiederum ein Bild aus einem klassischen Atelier mit Zeichentisch und Staffelei zu sehen. Darüber thront ein verfremdetes Gesicht, dessen Augen als flirrende Kreise aus dem Kopf zu springen scheinen – Nostalgie in einer hyperaktiven Bildwelt. 

Markus Oehlens Bilder bewegen sich in engem Kontakt mit ihrer Zeit stets vorwärts. Dem impliziten Pathos des unmittelbaren Pinselstrichs setzt er eine Bildsprache entgegen, die den visuellen Tumult der digitalen Bilderwelt aufnimmt, ihre widersprüchlichen Motive festhält und dabei ihr unstetes Flirren selbst thematisiert.

Marina Rüdiger