Galerie Bärbel Grässlin

Markus Oehlen

Nov 10Dec 22 2018

In Markus Oehlens Ausstellung werden Malereien zusammen gezeigt, die nicht nur neu, sondern auch sehr eng miteinander verwandt sind.

Am frappierendsten sind wahrscheinlich die großformatigen rohen Leinwände, die aussehen wie das mäandernde Gekritzel eines Kugelschreibers, der sich während eines längeren Telefonats verselbstständigt, während das Ohr warm wird. Sie sind jedoch nicht gezeichnet, sondern gestempelt, mit Kordeln, die auf Platten getackert und eingefärbt wurden. Konstruierte Malerei aus Motiv-, Linien- und Strukturstempeln. Mit einer Hommage an den Vater, einem Illustrator der 50er Jahre, dem das Motiv des verzückend manierierten Blattes gewidmet wurde. Die Bilder sind in ihrer Farbigkeit stark reduziert und doch auf den ersten Blick als Malereien von Markus Oehlen zu erkennen. Ihre repetitiven Linien verballen sich zu Überlagerungen, die in ihrer Dichte gleichzeitig einen Bildmittelpunkt zu bilden und auszulöschen scheinen. Die Gemeinsamkeit zu den Kordelbilden ist schon ausgesprochen – Druck und Gegendruck quasi. Auch die Kordelbilder wurden weiterentwickelt. Zwischen ihren akribisch gezogenen Kreisen liegen Fotos von anderen Kordeln und von Zahnpasta auf dem Bildträger. Fotos sind auch der Ausgangspunkt der Leinwandarbeiten, die in den oberen Kuben gezeigt werden. Ihre Motive stammen aus Markus Oehlens Bildrepertoire, das unter Verwendung digitaler Fotofilter schrittweise verfremdet und mit graphischen Rasterschleiern zum Flirren gebracht wurde. Darüber Malerei, ohne Druck, sondern mit Pinsel, mit Farben, wie das Bild sie fordert und mit der Autorität Vorder- von Hintergrund zu trennen. Über ihre Oberfläche ziehen sich gestische Linien aus transparenter Strukturpaste und provozieren wieder neue Interferenzen.

Reflektiert verhandelt Markus Oehlen auf der Leinwand Fragen nach dem Verhältnis zwischen Figuration und Abstraktion, zwischen analogen und digitalen Bildgebern und beweist damit abermals, dass die großen Themen der Malerei, Landschaft, Portrait und Stillleben ihm immer noch genügend Angriffsfläche bieten, um neu aufgemischt zu werden.

Marina Rüdiger