Andreas Breunig
Kolben Pilze Politics
Jan 18—Feb 22 2025
Die Galerie Bärbel Grässlin startet in das neue Jahr mit der Ausstellung „Kolben Pilze Politics“ mit neuen Arbeiten von Andreas Breunig. In seiner dritten Einzelausstellung in der Galerie Bärbel Grässlin zeigt er neben seinen malerischen Serien, den „Protest Paintings / Miller-Urey Paintings“ und „Prediction / Analysis“, die Collagen-Serie „field studies (networks)“.
„Kolben Pilze Politics“ veranschaulicht auf inhaltlicher Ebene die Untersuchung, wie Informationen generiert, geformt, entwickelt und ausgetauscht werden, insbesondere im Kontext wissenschaftlicher Erkenntnisse und ihrer Auswirkungen auf die Gesellschaft.
Die Ausstellung zeigt drei Bilder im quadratischen Format der „Protest Paintings / Miller-Urey Paintings“. Das Miller-Urey Experiment von 1953 gab entscheidende Hinweise auf die Entstehung von Leben aus nicht-lebenden chemischen Verbindungen und deutet darauf hin, dass sich die Grundbausteine des Lebens unter spontanen Umständen bilden können. Andreas Breunig verschiebt das chemische Ereignis zum sozialen Phänomen des Protests. Auf formaler Ebene simuliert die Bildfläche die geschwungene Form eines Versuchskolben, wobei die äußeren Ränder unbemalt bleiben und sich die malerischen Prozesse innerhalb dieser Form zwischen Chaos und Ordnung abspielen: Skizzierte, organische Verzerrungen, Knäuel und durchscheinende Kritzeleien, farbige und unregelmäßige Setzungen. Die Folge von Aktion und Re-Aktion verbindet die verschiedenen Deutungsebenen der „Protest Paintings / Miller-Urey Paintings“. Die Energie, die lebendige Moleküle oder Akte des Protests erzeugt, entspricht den eruptiven Setzungen und Bewegungen der Farbe.
Die Bilder der Serie „Prediction / Analysis“ zeigen breite Kanäle und Bahnen, die auf einen langsamen Fluss deuten, der in den Hohlräumen, Schlaufen und Windungen des malerischen Systems verarbeitet wird. In der Reduktion der Farben bezieht Andreas Breunig Stellung gegen den heutigen Exzess unendlich verfügbarer Informationen.
Dass Datenerzeugung, Informationsaustausch und die Zersetzung von Inhalten den reflexiven Kern von Andreas Breunigs künstlerischen Untersuchungen bilden, lässt sich auch anhand der Collagen-Serie „field studies (networks)“ nachvollziehen. Aus der Beschäftigung mit komplexen Prozessen im digitalen Zeitalter wuchs die Faszination für die Naturwissenschaften. Die Umrisse erscheinen leicht und skizzenhaft, sind aber deutlich akzentuiert. Ihr Aufbau resultiert aus den Überlagerungen von Linien, sie erinnern an Zellkammern oder, angesichts der hinzucollagierten Fotos aus biologischen Bestimmungsbüchern, an Pilze. Breunigs „field studies“ zeigen ihn als Forscher, der die spezifischen Bedingungen eines Systems beobachtet und dokumentiert. So sind die grafischen Permutationen keine bloßen Metaphern für natürliche Prozesse, sondern fungieren als visuelle Übersetzungen verborgener gesellschaftlicher Interaktionen – und schließen damit zeitgenössische Malerei und Politik kurz.